Wie funktioniert ein Umspannwerk?

Umspannwerk Rheinfelden ED Netze GmbH, Foto: Juri Junkov

Für den Transport von Strom stehen in Deutschland rund 1,8 Millionen Kilometer Leitungen zur Verfügung. Der Strom hat also meist eine weite Reise hinter sich, bis er beim Verbraucher ankommt.

von Ingo Fleuchaus

Nicht immer wird Strom dort erzeugt, wo er verbraucht wird. Dies trifft für viele Erzeugungsanlagen zu, insbesondere jedoch für Windräder, die in großer Zahl auf hoher See oder in den industriearmen Küstenregionen stehen. Deren elektrische Energie muss daher über Freileitungen und Erdkabel teils über Grenzen und Hunderte von Kilometern hinweg von den Erzeugungsanlagen zu den Verbrauchern in den Ballungszentren transportiert und dort schließlich verteilt werden.

Alles eine Frage der Spannung

Die Stromverteilung quer über das gesamte Land erfolgt dabei über verschiedene Spannungsebenen:

  • Höchstspannung (220.000 V bzw. 380.000 V),
  • Hochspannung (110.000 V),
  • Mittelspannung (bis 50.000 V)
  • oder Niederspannung (230 V bzw. 400 V).

Die verschiedenen Spannungsebenen sind notwendig, um die Übertragungsverluste möglichst gering zu halten, denn beim Stromtransport wandelt der Ohmsche Widerstand der Leitungen einen Teil der Energie immer in Wärme um. Leider steigen die Verluste mit jedem zurückgelegten Kilometer. Wird die Spannung allerdings erhöht, sinken diese nicht gänzlich vermeidbaren Einbußen.

Die überregionale Verteilung des Stroms erfolgt über das Hochspannungsnetz, das sogenannte Verteilnetz.
Die überregionale Verteilung des Stroms erfolgt über das Hochspannungsnetz, das sogenannte Verteilnetz. (Foto: ED Netze GmbH)

Die Höchstspannungsleitungen werden häufig als die „Autobahnen“ des Stromnetzes bezeichnet, da über ihre Trassen große Mengen Strom über weite, (inter)nationale Distanzen transportiert werden. Das Höchstspannungsnetz wird deswegen auch Übertragungsnetz genannt. Seine Strommasten ragen rund 60 Meter in den Himmel. Große Kraftwerke werden mitunter direkt an das Höchstspannungsnetz angeschlossen. Koordiniert wird die Einspeisung hierzulande je nach Verbrauch von den vier großen Übertragungsnetzbetreibern Amprion, TransnetBW, Tennet TSO und 50Hertz Transmission.

Die überregionale Verteilung des Stroms erfolgt wiederum über das Hochspannungsnetz, das sogenannte Verteilnetz. Hier speisen Solar- oder Windparks, aber auch große Wasserkraftwerke ihren Strom ein. Die Masten des Hochspannungsnetzes sind rund 30 Meter hoch. Das untergeordnete Netz auf regionaler Ebene ist das Mittelspannungsnetz. Es versorgt etwa Kunden mit größeren Industrieanlagen oder über das Niederspannungsnetz nicht zuletzt End- und Haushaltskunden mit Strom. Kleinere Einspeiser, wie beispielsweise private Photovoltaikanlagen, speisen ihren Strom häufig direkt in das Niederspannungsnetz ein.

Umspannwerk Wehr, ED Netze GmbH, Foto: Juri Junkov
Umspannwerk Wehr, ED Netze GmbH, Foto: Juri Junkov

Die Sache mit der Transformierung

Verknüpft sind die verschiedenen Spannungsebenen allein in Deutschland mit weit über tausend Umspannwerken. In diesen Knotenpunkten wird der Strom auf eine andere Spannungsebene transformiert, sprich umgewandelt.

Verantwortlich für die Spannungswandlung sind große, meist tonnenschwere Leistungstransformatoren. Sie bestehen im Wesentlichen aus zwei elektrisch getrennten Kupferdrahtspulen mit unterschiedlich vielen Windungen auf einem geschlossenen Eisenkern. Der Wechselstrom erzeugt in der ersten Spule ein sich ständig zeitlich wechselndes Magnetfeld, das in der zweiten Spule eine Spannung induziert, deren Größe abhängig von ihrer Windungszahl ist. Zusammen mit Schaltanlagen sowie Mess- und Regeltechnik bilden sie die Primärtechnik der Umspannwerke. In der Regel sind die Transformatoren und alle wichtigen technischen Einrichtungen mehrfach vorhanden, um die Stromversorgung auch beim Ausfall eines Transformators sicherzustellen.

Zur sogenannten Sekundärtechnik zählen all jene technischen Einrichtungen, die nicht unmittelbar an der Spannungswandlung beteiligt sind. Dies sind beispielsweise Anlagen zur Spannungsregelung, Schutztechnik, Energiezählung oder zur Fernsteuerung von der Netzleitstelle aus.

Umspannwerk Gurtweil, ED Netze GmbH, Foto: Juri Junkov

Das Klima im Blick
In konventionellen Umspannwerken sind die Schaltanlagen luftisoliert. Sie benötigen daher relativ viel Platz. Kleiner, aber auch deutlich teurer sind gekapselte Umspannwerke. Bei ihnen sind die elektrischen Leiter in Metallhüllen untergebracht und mit technischen Gasen, meist Schwefelhexafluorid (SF6), isoliert. Da dieses Isoliergas jedoch klimaschädliche Eigenschaften besitzt, werden derzeit klimafreundliche Alternativen zur Isolierung gesucht. Als alternatives Medium kommt bei neuen Anlagen bereits „getrocknete Luft“ zum Einsatz, die ausschließlich aus Stickstoff und Sauerstoff besteht – und damit kein Treibhauspotential besitzt.

Die Aufgaben werden vielfältiger

Umspannstationen, die das Mittelspannungsnetz mit dem Niederspannungsnetz verbinden, werden auch Ortsnetzstationen genannt. Sie versorgen die Haushalte mit 230/400 Volt. Im Zuge der Energiewende kommt ihnen eine neue Bedeutung zu, da sie nicht nur Strom in die Haushalte bringen, sondern umgekehrt auch Strom aus Solaranlagen von den Haushalten in das Mittelspannungsnetz übertragen. Die technischen Anforderungen an die Verteilnetze und Umspannwerke steigen durch diese volatile Einspeisung kontinuierlich. Immer mehr Netzbetreiber setzen daher auf „Intelligente Ortsnetzstationen“, die die Lastschwankungen und Spannungsbandeinhaltungen managen. Dazu müssen viele Netzkomponenten überwacht, gesteuert und mit Kommunikationskomponenten ausgestattet werden.

Insbesondere auf dem Land wurden Ortsnetzstationen bis in die 1980er-Jahre in Form von Turmstationen errichtet. Noch heute sieht man in vielen kleineren Gemeinden die typischen Türme, die Schalt- und Umspannanlagen beheimaten und an deren Spitzen Freileitungen ins Innere führen. Seit geraumer Zeit werden die alten Turmstationen allerdings nach und nach gegen kleine, kompakte Trafostationen ausgetauscht, nicht zuletzt, weil die Leitungen heute meist als Erdkabel an den Stationen ankommen.

34 Umspannwerke

… betreibt die ED Netze GmbH. Die größten 110kV-Schaltanlagen verrichten ihren Dienst u.a. in Rheinfelden, Gurtweil oder Beuren a.A..

Alle Umspannwerke der ED Netze GmbH bestehen jeweils aus einer 110-kV-Schaltanlage, Transformatoren und 20-kV-Schaltanlagen. Es werden sowohl offene als auch SF6-gasisolierte Schaltanlagen betrieben. In Löffingen plant die ED Netze GmbH bereits mit einer Schaltanlage, die „getrocknete Luft“ als umweltverträgliches Isoliergas verwenden soll. Dieses Projekt genießt in Deutschland in der Ausprägung Pilotcharakter.

Die Transformatoren in den Umspannwerken unterscheiden sich im Wesentlichen in ihrer Leistung und Anzahl. In der Regel werden zwei Transformatoren eingebaut, von denen einer auch die gesamte Leistung übernehmen kann. Alle Anlagen sind fernschaltbar.

Schwergewichte unterwegs

Ende letzten Jahres hat die ED Netze GmbH im Umspannwerk Wehr die beiden 110/20-kV-Leistungstransformatoren durch neue Modelle ersetzt. Dieser Tausch war durchaus eine technische Herausforderung, da die jeweils 60 Tonnen schweren Trafos in Millimeterarbeit auf engstem Raum aus- und anschließend wieder eingebaut werden mussten: In Summe wurden auf diesem Weg bis zu 240 Tonnen bewegt.

Das Unternehmen investierte rund eine Million Euro in die beiden neuen Transformatoren. Gefertigt wurden die Schwergewichte in einem Trafowerk in Ljubljana in Slowenien. Dabei wurde seitens ED Netze bereits bei der Beschaffung großen Wert daraufgelegt, dass schon die zweite Stufe der EU-Ökodesign-Richtlinie für Transformatoren erfüllt wurde, die eigentlich erst ab Juli 2021 gilt. Ab Stufe zwei müssen dann noch strengere Vorgaben für die Energieeffizienz von allen sogenannten energieverbrauchsrelevanten Produkten wie unter anderem Verteil- und Leistungstransformatoren umgesetzt werden. Ziel ist eine verbesserte Energieeffizienz – und damit die Reduktion des CO2-Ausstoßes. Dies kommt der Umwelt sowie den Netzkunden zu Gute. Entsprechend wurden die alten Transformatoren demontiert und zum fach- und umweltgerechten Entsorgen einer Spezialfirma zugeführt.

Die Erneuerung ist Teil der Umspannwerksmodernisierung in der Finsterbachstraße in Wehr. Anschluss und Inbetriebnahme haben dabei die ED-Netze-Experten übernommen. Mit den neuen Transformatoren stärkt der Netzbetreiber weiter die Versorgungssicherheit der Region und somit die Stromversorgung der nächsten Jahrzehnte in Wehr, Öflingen, Hasel und weiten Teilen des Wehratals.

Den Trafo-Tausch hat ED Netze in einem Film festgehalten. Abonnieren Sie gerne unseren ED-Netze-Youtube-Kanal!


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Über den Autor:

Ingo Fleuchaus, Autor im ED-Netze-Blog
Ingo Fleuchaus, Autor im ED-Netze-Blog

Ingo Fleuchaus ist Diplom-Physiker und PR-Berater. Er hat sich auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Kunden aus der Energiebranche spezialisiert. Seit 2005 führt er erfolgreich die PR-Agentur textdirekt. Schwerpunkte sind: Presseinformationen, Texte und Fotos für Publikums- und Fachpresse sowie Newsletter, Blogbeiträge und Broschüren. Seine Stärken liegen in der zielgruppengerechten Aufbereitung von Informationen und dem Schreiben nach journalistischen Kriterien.

2 Kommentare

  1. Sehr spannend, dass verantwortlich für die Spannungswandlung große, meist tonnenschwere Leistungstransformatoren sind. Mein Bruder interessiert sich sehr für Strom und die Methoden zur Stromversorgung. Auch ich fand es tatsächlich interessant, etwas zu einem Hochspannungstrafo zu erfahren.

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